Dirk Ohme und Peter Zaumseil
Sommerbilder

Dirk Ohme und Peter Zaumseil
Sommerbilder

Seit der Erfindung der Fotografie vor über 150 Jahren hat sich die Malerei nach und nach von der realistischen Darstellung verabschiedet und damit ihre Funktion als dokumentarisches und narratives Medium immer weiter aufgegeben. Seit dem Impressionismus kreiste die Malerei immer mehr um sich selbst und die Erforschung ihrer Ausdrucksmöglichkeiten, inzwischen malen wir seit fast einhundert Jahren abstrakt.

Ohme nimmt den verlorenen Faden wieder auf und knüpft an eine Malerei an, die die realistische Darstellung des Menschen in seiner Zeit zum Thema hat, jedoch mit neuen Mitteln, Techniken und Motiven. Er sieht sich selbst als Chronist unserer Zeit und zeigt uns in seinen „Sommerbildern“ den Menschen in dessen liebster Zeit, nämlich in seiner Freizeit, denn kaum etwas ist dem heutigen Westeuropäer wichtiger, als die Gestaltung der wenigen Wochen, in denen man die Zwänge und Uniformen des Alltags ablegen kann und einfach nur Mensch sein darf. Diese Urlaubswochen sind geschichtlich gesehen ein ungeheurer Luxus, der aber durchaus kennzeichnend ist für unsere Zeit.

„Ich habe das große Glück in einer Zeit zu leben, die so wenig von Bigotterie und Moralapostelei geprägt ist, wie kaum eine andere Zeit zuvor (oder ist sie vielleicht schon wieder vorbei?). Die Auseinandersetzung mit Nacktheit im öffentlichen Raum ist ein guter Gradmesser für die eigenen Moralvorstellungen, deshalb konfrontiere ich den Betrachter mit möglichst detaillierten und präzisen Szenen, denn je genauer eine Geschichte erzählt wird, desto wahrhaftiger und wirksamer wird sie.“

Zaumseil ist ein stringenter Stilist. In seinen Holzschnitten wachsen Formen zu monumentalistischen Zeichen und Blöcken. Die menschliche Figur gerät zu Piktogramm, Chiffre und Hieroglyphe, der Schöpfer ist deren Choreograf, der lustvoll Szenen inszeniert und Paare extemporieren lässt. Die verrenken sich in furiosen Aktionen, die Körper sperrig, die Winkel spitz. Am Ende weiß man nicht, welcher Art die paarigen Exzesse sind: Liebesrausch oder Totentanz – verkeilt in Liebe und Hass, wer Sieger ist oder Verlierer. Komik und Tragik sind kaum auflösbar.

Auch die Landschaften geraten zu kräftigen Hell-Dunkel-Panoramen und faszinierenden Farbwelten. Er lässt sich von Sichten überwältigen, er versteigt sich oft in kühne Perspektiven, zerstückelt die Räume, fügt sie wieder zusammen zu neuer Tektonik. Und jeder Holzschnitt, obzwar doch mehrfach reproduzierbar, wird durch die satt und pastos aufgewalzten Farben jeweils zu Original und Unikat.

(Dr. Maren Kratschmer-Kroneck)